Fazerdaze - Morningside
Neuseeländischer Dreampop zum verlieben - Amelia Murrays ultimativer Ausdruck der Femininität
written by Berkan
6/25/20244 min read


"Morningside" von Fazerdaze ist dieses eine Album das man sich an einem Sommertag anschmeißt, wenn man sich ein wenig verloren fühlt. Diese Unsicherheit die die Künstlerin auf dem 2017 erschienen Album verarbeitet und die sich wie schon auf ihrem Debüt, der "Fazerdaze EP" wie ein roter Faden durch die Platte zieht ist gerade deshalb so charmant weil die Künstlerin zu keinem Zeitpunkt diese feminine Leichtheit verliert. Dies bei solch einer hochkomplexen Produktion hinzubekommen ist wahrlich ein Meisterstück und ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen das es laut ihren eigenen Aussagen auch nicht wirklich ein System oder Plan während der Album Produktion gab. Viele Songs sind einfach Momentaufnahmen die zu verschiedenen Zeitpunkten und an verschiedenen Orten aufgenommen wurden. Der Titel ist dabei auf ihren Wohnort Morningside in Auckland, Neuseeland zurückzuführen, an dem sie ironischer in all dem inneren Chaos ein zuhause fand. Ein Ort an dem am Morgen die Sonne aufgeht und Amelia Murray Wärme verbreitet, worauf nicht nur der Titel sondern auch das Cover anspielt.
Sinnbildlich hierfür stet bereits der erste Song "Last to Sleep" auf dem sie diesen Dream Pop typischen total verträumten Sound bietet. Lyrisch lässt sich schnell erhorchen das sich diese bereits angesprochene Unsicherheit schnell auch auf zwischenmenschliche Beziehungen auswirken kann. Dieses innere Chaos und das Gefühl nicht gut genug für die andere Person zu sein verarbeitet sie hier und auf dem ganzen Album perfekt. Der stärkste Track der Platte "Lucky Girl" folgt bereits an zweiter Stelle und ist nicht grundlos der bis heute erfolgreichste Fazerdaze Song. Von vorne bis hinten stimmt hier einfach alles, was wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, das Murray wie bei dem Großteil ihrer Songs selbst federführend an der Produktion beteiligt war und dementsprechend genau weiß wie sie einzelne Songelemente zusammen führen und vor allem ihre Stimme inszenieren und im Raum platzieren muss. Das Video zu dem Song an dem Murray natürlich auch federführend beteiligt wahr findet ihr hier:
Was lyrisch bereits auf "Last to Sleep" angeschnitten wurde vertieft die Künstlerin nochmals auf dem eher progressiven "Misread" in dem sie diese eigene Unsicherheit nun auch auf andere Menschen überträgt. Sie ändert fast schon schizophren ihre Gefühlswahrnehmung und fragt sich ob sie ihre eigenen Emotionen der anderen Person gegenüber falsch verstanden hat. Der Song baut sich immer weiter auf bevor er wie das lyrische Ich zum Ende hin komplett im Chaos versinkt. Auf "Little Uneasy" wird dann folgerichtig der nächste Schritt gegangen und sich mit der eigenen Unsicherheit auseinandergesetzt bis man schließlich zum Entschluss kommt, dass es auch mal okay ist unsicher zu sein und man in dieser Phase immer noch liebevoll zu sich selbst sein sollte. "Jennifer" wahr bereits auf der "Fazerdaze EP" vertreten und so ausdrucksstark das es auch auf "Morningside" seinen Platz fand. Diese Sehnsucht nach der Ferne, welches ebenfalls eines der Albummotive ist, porträtiert "Jennifer" perfekt in dem nach einer alten Freundin gerufen wird. Wie in so vielen Songs aus Murrays Diskografie geht es hier um das loslassen.


"Take it Slow" setzt wie der Titel schon verrät den Trend fort, das Tempo rauszunehmen. Vielleicht soll dies ja auch als das Mittel gegen die Unsicherheit fungieren, in dem man sich mehr Zeit nimmt sich mit der Situation auseinanderzusetzen. Folgerichtig bekommen wir die Konsequenz hier von auf "Shoulders" zu hören. Fast schon Balladenartig erzählt sie hier von ihrer Gefühlswelt und dem Empfinden nicht gut genug für die anderen zu sein. Diesmal tut sie dies allerdings auf eine offenere eindringlichere Art, fast schon als Ruf nach Hilfe, mit Zeilen wie "I'm trying not to try so hard for you" wendet sie sich direkt an ihr gegenüber. Auf "Friends" stellt Murray dann schließlich ihr gesamtes künstlerisches Können zur Schau in dem sich auf eindrucksvolle Art und Weise der dezente Part und der druckvolle und durch E-Gitarre und Schlagzeug fast schon rockige Refrain abwechselt. Mit Zeilen wie "Don't you know I'm shit at having friends?; They always disappear or I forget" setzt sich Murray weiter mit den Ursachen ihrer Unsicherheit auseinander.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, das wir es hier mit einem Album zu tun haben, welches ziemlich nah an der Perfektion dran ist. Das ganze Album versprüht trotz der Unsicherheit diese Leichtigkeit und Wärm, welches es zum ultimativen Ausdruck der Femininität macht. Auch die Produktion verliert trotz der hohen künstlerischen Ansprüche nie ihre Simplizität. So nutzt Murray ihr Gitarrentalent geschickt um simple aber eindringliche Melodien zu generieren. Dabei spart sie nicht an außergewöhnlichen Sounds wie z.B. die für Neuseeland typischen Grillen auf "Bedroom Talks". Morningside von Fazerdaze ist einfach das perfekte Album für introvertierte und definitiv eine Hörempfehlung an jeden!
Bevor es ins Outro geht wird uns nochmal ein tiefer Einblick in Murrays Kopf gewährt. Das leider ziemlich kurze und unspektakuläre "Half-Figured" soll uns aufzeigen das dieses konstante Überdenken auch nicht die Lösung aller Probleme darstellt und es letztendlich doch besser wäre zu handeln. Abgeschlossen wird das Album mit dem absoluten Meisterwerk "Bedroom Talks" auf dem Murray ihre ganze Wärme mit uns teilt. Vielleicht ist es gerade die Simplizität des Songs der ihn so eindringlich macht, ähnlich wie in dem Musikvideo in dem sie einfach schüchtern und introvertiert durch das große New York läuft. Der Song wurde von ihr selbst als Bewusstseinsstrom bezeichnet und bietet uns eine eindrucksvolle Reflexion und Zusammenfassung der gesamten Thematik des Albums.